Bildungsreise von Kinderschutz-Landesrat Michael Lindner gemeinsam mit der Oberösterreichischen Kinder- und Jugendhilfe: Die Stadt Dormagen als „Best-Practice“-Beispiel für einheitliche und systemübergreifende Kinderschutzkonzepte und präventive Angebote.
Seit knapp einem Jahr ist Michael Lindner als Kinderschutz-Landesrat für die oberösterreichische Kinder- und Jugendhilfe verantwortlich. Von Anfang an ist sein Ziel: Oberösterreich muss zum Vorzeigebundesland für Kinderschutz und Kinderrechte werden. Die Kinder- und Jugendhilfe Oberösterreich bietet Kindern, Jugendlichen und Familien ein vielfältiges Angebot und unterstützt und ermächtigt sie – Angebote gibt es sowohl im Präventionsbereich als auch für Familien in Krisensituationen.
Vor allem den Bereich der Präventionsarbeit nimmt Kinderschutz-Landesrat Michael Lindner seit Beginn seiner Amtszeit genau unter die Lupe. Diesen auszubauen und verstärkt zu fördern ist ihm ein großes Anliegen: „Durch gezielte Präventionsarbeit gelingt es, positive Lebensbedingungen für Familien zu schaffen und jedem Kind die Chance auf ein gesundes und sicheres Aufwachsen zu ermöglichen. Prävention ist der Schlüssel für ein gelingendes Leben. Wenn wir Familien von Anfang an begleiten, sie unterstützen und ermächtigen, können mögliche Konflikte schon frühzeitig erkannt werden“, so LR Lindner.
Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gibt es neue Herausforderungen im Hinblick auf die Entwicklungschancen von Jungen. Daher gilt es, über den Tellerrand – und über Landesgrenzen – hinauszublicken und neue Konzepte und „best-Practice-Beispiele“ kennenzulernen. „Wir müssen Kinderschutz weiterdenken – nicht nur im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe braucht es wirkungsvolle Kinderschutz-Konzepte, sondern auch in Schulen, Kindergärten, Vereinen oder Familien müssen sich Kinder und Jugendliche entfalten und sicher aufwachsen können. Wir wollen uns in daher in Dormagen und Düsseldorf ansehen, wie ganzheitliche und systemübergreifende Kinderschutzkonzepte in der Praxis funktionieren können“, so LR Lindner. Das Dormagener Modell verfolgt in erster Linie kommunal vernetzte Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen, einen präventiv betriebenen Kinderschutz, sowie das Entgegenwirken der Armut durch gezielte Förderung.
Während der gesamten Reise legte LR Lindner großen Wert auf den gemeinsamen Austausch. Am Programm standen Gespräche mit Mitarbeiter:innen des Amts für Soziales und Jugend der Landeshauptstadt Düsseldorf, politischen Vertreter:innen und Mitarbeiter:innen in (sozialpädagogischen) Einrichtungen. Der Fokus lag auf Diskussionen über Modelle für besonders herausfordernde Jugendliche und dem Ausbau präventiver Angebote. „Kinder und Jugendliche haben unterschiedliche Bedürfnisse, die sich mit der Zeit ändern. Auch wir sehen in der Praxis, dass nicht jede Maßnahme, jedes Angebot für jedes Kind passt. Auch herausfordernde Kinder und Jugendliche, die einen schweren Rucksack mit sich herumtragen, haben es sich verdient, dass Menschen wie unsere Mitarbeiter:innen in der Kinder- und Jugendhilfe für sie da sind, sie ernst nehmen. So unterschiedlich wie Kinder sind, so individuell sind auch die Lösungen, die wir ihnen anbieten müssen, um ihnen Perspektiven ermöglichen zu können“, führt LR Lindner aus.
Mit dem Landesprogramm zum Aufbau kommunaler Präventionsketten („kinderstark – NRW schafft Chancen“) setzt sich das Bundesland Nordrhein-Westfalen zum Ziel, ein gelingendes und möglichst chancengerechtes Aufwachsen für alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Düsseldorf zu ermöglichen.
Nach dem Austausch mit Einrichtungen und politischen Vertreter:innen in Düsseldorf und Dormagen stellt Landesrat Michael Lindner seine Schwerpunkte für Oberösterreich für verbesserten Kinderschutz vor. Zuallererst stellt er klar: „Echte Chancengerechtigkeit kann nur gelingen, wenn wir zusammenarbeiten. Der Austausch mit den Kolleg:innen aus Deutschland hat uns einmal mehr vor Augen geführt: Je mehr Expertisen zusammenkommen, desto mehr können wir erreichen. Je mehr wir uns vernetzen, desto mehr können wir im Sinne unserer Kinder weiterbringen", so LR Lindner.
Ausrollung der Frühen Hilfen
Seit 2015 gibt es in Oberösterreich das Angebot der Frühen Hilfen – ein bereichsübergreifendes interdisziplinäres Angebot. Es richtet sich an Familien in der frühen Kindheit – Schwangerschaft und die ersten drei Lebensjahre des Kindes. Ziel dieses Angebots ist es, Kindern ein gesundes und sicheres Aufwachsen zu ermöglichen und Familien, die in herausfordernden Situationen sind, unbürokratisch und kostenlos zu helfen. Aufbauend auf der erfolgreichen Etablierung der Frühen Hilfen in den Zentralräumen und deren Umgebung sowie in den Bezirken Vöcklabruck und Kirchdorf startete im Jänner der flächendeckende Ausbau in Oberösterreich.
Finanzierung: Das Angebot der Frühen Hilfen wird zu jeweils einem Drittel aus Mitteln des Bundes, der ÖGK und des Landes Oberösterreich finanziert. Der Finanzierungsanteil des Landes Oberösterreich in Höhe von 1,2 Mio. Euro wird der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe ab dem Jahr 2024 im Budget zur Verfügung gestellt.
Ausbau mobiles Familiencoaching
Beim mobilen Familiencoaching geht es darum, beratend zur Seite zu stehen, bevor Situationen eskalieren. Das Mobile Familiencoaching ist die perfekte Schnittstelle zwischen Präventions- und Bildungsbereich. Michael Lindner dazu: „Wir werden das erfolgreiche Angebot des Mobilen Familiencoachings ausbauen und mittelfristig flächendeckend ausrollen. Wir wollen noch früher ansetzen und ein neues Konzept implementieren, um das Angebot künftig auch in Kindergärten anbieten zu können. Denn: Je früher wir ansetzen können, desto besser!“
Jugendliche verbringen immer mehr Zeit in sozialen Medien und mit Online-Spielen. Viele verlagern ihre Lebensräume weg vom öffentlichen Raum in die Online-Welt. Dadurch verändern sich unter anderem die Rahmenbedingungen und die Arbeit der Streetworker:innen. Die Kinder- und Jugendhilfe Oberösterreich geht mit der Zeit und ergänzt das klassische Streetwork-Angebot in Oberösterreich um Online-Streetwork. Ziel ist es, junge Menschen zu erreichen (zwischen 12 – 24 Jahren), die von bestehenden Angeboten nicht oder nur schwer erreicht werden können. Das Projekt startet mit 1. Jänner 2024 und wird vom größten oberösterreichischen Streetwork-Träger – dem Verein I.S.I – umgesetzt. „Mit Online-Streetwork gehen wir dorthin, wo sich die Jugendlichen aufhalten. Ziel ist es, mit ihnen in Kontakt zu treten, einen niederschwelligen Zugang zu gewähren und sie zu unterstützen und zu fördern“, so Lindner.
Kinderarmut und die damit zusammenhängenden nachteiligen Folgen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, haben eine direkte Auswirkung auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung unserer Gesellschaft. Wer Kinderschutz ernst nimmt, kommt um die Vermeidung von Kinderarmut nicht herum. Mit der finanziellen Absicherung der Kinder ist sichergestellt, dass weder Entwicklungsmöglichkeiten noch Zukunftschancen der Kinder von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen.
Ein wirkungsvolles Instrument, um Kinderarmut zu vermeiden, ist die Einführung einer Kindergrundsicherung. Die Erarbeitung einer nachhaltigen Existenzsicherung im Sinn einer österreichweiten Kindergrundsicherung für alle Kinder ist eine zentrale Forderung an die Bundesregierung, die Landesrat Lindner seit Beginn seiner Amtszeit unterstützt.
„Um in Akutsituationen schnell helfen zu können, haben wir in der Kinder- und Jugendhilfe unterschiedliche Möglichkeiten rasch und zielgerichtet zu unterstützen – beispielsweise in der Eltern/Mutterberatung. Diese raschen Hilfen sind nötig, mittelfristig braucht es aber die Einführung einer Kindergrundsicherung. Die Bundesregierung ist gefordert, hier endlich in die Gänge zu kommen“, führt Lindner aus.
Im Masterstudiengang Soziale Arbeit der FH OÖ wird im Zuge einer Lehrveranstaltung Kinderarmut und Armutsgefährdung stärker beleuchtet. Um eine umfänglichere Erforschung – vor allem mit Bezug zu Oberösterreich – zu ermöglichen, wird LR Lindner die Forschung durch die Kinder- und Jugendhilfe unterstützen.
Abschließend bedankt sich LR Lindner sich bei den Mitarbeiter:innen der Kinder- und Jugendhilfe für die hervorragende Organisation der gesamten Reise: „Ich fahre mit einem guten Gefühl und gestärkt nach Hause. Wir sind in Oberösterreich mit unseren Angeboten in der Kinder- und Jugendhilfe gut aufstellt. Jetzt gilt es Angebote auszubauen, zu erweitern und vor allem weiterzudenken: Kinderschutz kann uns nur gelingen, wenn wir zusammenarbeiten und wenn wir aufeinander zugehen. Vor allem wenn wir im Gesundheits- und Bildungsbereich vernetzter denken und besser zusammenarbeiten, können wir uns gemeinsam weiterentwickeln“, ist Lindner überzeugt.
Fotos: Land OÖ/Kauder, freie Verwendung mit Quellenangabe